Computerisierung auf der Langen Nacht der Wissenschaften

Über Wissenschaft in der Öffentlichkeit und unser Forschungsprojekt bei der „klügsten Nacht des Jahres“ in Berlin. Von Martin Schmitt

Auf der Langen Nacht der Wissenschaften, die am Sonntag dem 13. Juni in Berlin und Potsdam stattfand, stellte unsere Projektmitarbeiterin Julia Erdogan der interessierten Öffentlichkeit unser Gesamtprojekt und ihr Teilprojekt zu den Hackern in Deutschland vor. Im historischen Gebäude des Naturkundemuseums, in dem sich die Institute der Leibniz Gemeinschaft präsentierten, verdeutlichte sie die historische Entwicklung von Hackern und deren öffentlicher Wahrnehmung zwischen Watchgroup und krimineller Bedrohung. Es gelang den Hackern in Deutschland seit den 1980er-Jahren durch zahlreiche öffentlichkeitswirksame Aktionen nicht nur, auf die Sicherheitslücken der Computersysteme aufmerksam zu machen, sondern zugleich dazu beizutragen, die positive Schaffenskraft des Computers in einer demokratischeren Gesellschaft zu etablieren. Zerstörerische Elemente der Hackerhandlungen deutete Julia Erdogan mit Schumpeter als konstruktiver Erneuerungsfaktor und damit als kreatives Element. Hacker seien bis heute eine sehr heterogene Gruppe, welche die Lust am Handeln mit und durch den Computer charakterisiere.

Neben Fragen zur generellen Ausrichtung des Projektes identifizierten sich das Publikum stark mit der historischen Computerentwicklung und schwelgte in Erinnerung an die erste verschickte Mail und den ersten Computer. Aber auch kritischere Fragen bewegten die anwesenden Bürger und Bürgerinnen: Wie viele Hacker gab es denn überhaupt in Deutschland? Und wie war ihre Situation in der DDR? Gab es einen Linux-Zwang unter den Hackern, also folgten sie nicht selbst einer normierenden, standardisierenden Subkultur?

Julia Erdogan und mit ihr das Projekt zur Computerisierung in BRD und DDR erzeugten ein großes öffentliches Interesse und trugen zu einer gelungenen langen Nacht der Wissenschaften in Berlin bei, auf der sich die Wissenschaft in all ihren Facetten zeigte. Zu sehen waren computertechnologischen Neuerungen in den T-Labs der TU Berlin über die vielfältigen Erfahrungsangebote wissenschaftlicher Produkte wie in der Hochspannungshalle des Institutes für Energie- und Automatisierungstechnik oder den Berliner Bibliotheken bis hin zu Science Slams als locker aufbereitete Ergebnispräsentation.

Höhepunkte der Langen Nacht war dann neben dem Feuerwerk der gemeinsame Science Slam der TU Berlin, der UDK und der HDK im komplett vollen Audimax der TU-Berlin. Ihn gewann der spontan eingesprungene Tobias Hölzer mit einem humorigen Slam über die Zukunft des Computings. Er zeigte an Hand einer Dating-Situation zwischen Mann und Frau die Funktionsweisen moderner Quantencomputer. Aus Computerisierungs-Perspektive war daran vor allem die Annahme spannend, die gesamte soziale wie auch physische Welt als berechenbar anzusehen – wenn man nur den ausreichend leistungsfähigen Computer dazu hat. Die Forschung an den Quantencomputern stehe noch sehr am Anfang, betonte Hölzer. Aber die Entwicklungen seien rapide. Als Anwendungsgebiete sieht er vor allem Big-Data-Suchen, ausgefeilte Simulationen der Welt, bis hin zu unknackbarer Kryptografie, beispielsweise für Geheimdienste. Es ist spannend, was in den nächsten Jahren hier auf uns und die Gesellschaft zukommen.

Insgesamt besuchten fast 27.000 Besucher die Lange Nacht der Wissenschaften in Berlin. Sie bekamen einen Einblick in die Welt der Wissenschaften, der ihnen all zu häufig verschlossen bleibt und nahmen ein Stück der Begeisterung mit nach Hause, mit der vor allem die jungen Wissenschaftler mit leuchtenden Augen von ihren Projekten erzählten.

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Autor: Martin Schmitt
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30 Jahre BTX-Hack – Ein Countdown

Anlässlich des 30. Jahrestages des BTX-Hacks hat die Wau Holland Stiftung einen Countdown gestartet, der bis zum 17. November, dem Tag des Ereignisses, herunter zählt. Dabei werden täglich Quellen  rund um den Hack veröffentlicht. Außerdem plant die Stiftung am 17. November ab 18 Uhr im Berliner Congress-Centrum eine Podiumsdiskussion, um an dieses wichtige Ereignis der deutschen Hackergeschichte zu erinnern.

Der Chaos Computer Club (CCC) ist bekannt für sein Engagement für Datenschutz und Datensicherheit. Diese Wahrnehmung von Hackern als Datenschützer nahm 1984 aufgrund des sogenannten BTX-Hacks ihren Anfang. Das Bildschirmtextsystem (BTX) der Deutschen Bundespost wurde 1983 deutschlandweit in Betrieb genommen. Es verband als Onlinedienst das Telefon und das Fernsehgerät miteinander. Sicherheitslücken und unausgefeilte Programmierungen machten das System zum Angriffsziel zahlreicher Hacker. Kritik und Verbesserungsvorschläge des CCC nahm die Post nicht an, was Wau Holland – Mitbegründer des CCC – und Steffen Wernéry zu einer medienwirksamen Aktion verleitete.

Durch einen Überlauf an Zeichen habe das BTX-System fälschlicher Weise aufgrund einer Sicherheitslücke die Zugangsdaten der Hamburger Sparkasse ausgegeben. Wernéry und Holland hatten daraufhin in der Nacht vom 16. auf den 17. November 1984 die kostenpflichte Seite des CCC über den Zugang der Sparkasse aufrufen lassen. Dazu nutzen sie ein selbstgeschriebenes Programm, das die Seite immer wieder neu anwählte. So kamen in einer Nacht 135.000 DM zusammen, die dem Konto des CCC gutgeschrieben wurden. Wernéry und Holland wandten sich damit an die Medien. Da es ihnen bei dieser Aktion darum ging, Sicherheitslücken bei BTX aufzuzeigen, gab der Club das Geld zurück.

„Die Wau Holland Stiftung – in Kooperation mit dem Chaos Computer Club – möchte deshalb an diese zweite Geburtsstunde des CCC erinnern und veranstaltet am 17.11.2014 ab 18 Uhr im Berliner Congress-Centrum am Alexanderplatz u.a. eine Podiumsdiskussion mit Beteiligten und Zeitzeugen, die über die damaligen Vorgänge und ihren Bezug und ihre Bedeutung zur Gegenwart diskutieren. Der Eintritt ist frei.

Bildquelle: Bundesarchiv Plak 007-023-062