Mann vor Computer im Rechenzentrum einer Sparkasse

Ein Digitales Zeitalter? Über Digitalität, historische Periodisierung und den 1.1.1970

In der letzten Dekade kam ein frischer Wind in die zeithistorische Periodisierungsdebatte. Während sich die historische Zunft noch auf kein Enddatum eines 20. Jahrhunderts einigen konnte, beispielsweise auf ein „kurzes 20. Jahrhundert“ mit dem Ende des Ostblocks 1989-1991, fordern zwei Zäsuren das Jahrhundertdenken an sich heraus: Das Anthropozän (um 1950) und der Strukturbruch (um 1970). Beim Anthropozän wird argumentiert, dass sich eine neue erdgeschichtliche Epoche mit dem Menschen als dominantem Faktor ausmachen lässt, der gleichzeitig den negativen Konsequenzen seines eigenen Handelns unterworfen ist (Trischler/Will 2019). Auch naturwissenschaftliche Beiträge treiben die Diskussion an. In der Debatte um den Strukturbruch argumentierten Anselm Doering-Manteuffel und Lutz Raphael (2008, 2014), dass sich Anfang der 1970er-Jahre in den westlichen Industriestaaten ökonomische, soziale und politische Entwicklungen bündelten, was zum Ende der Ordnung des Nachkriegsbooms führte. Seitdem wurde ihr Befund vielfach problematisiert und differenziert. In der gesamten nachfolgenden Debatte ging dabei zumeist unter, dass beide Zäsuren fundamental mit informationstechnologischem Wandel in Verbindung standen. Diesem Wandel habe ich in meinem Vortrag an der HU Berlin im Forschungskolloquium Digital History nachgespürt und dabei Ergebnisse unsere Projektes und meiner Dissertation vorgestellt. Mein Kernargument ist, dass sich in der Zeit um 1970 zahlreiche digitalhistorische Entwicklungslinien verdichteten, sodass sich fortan von einem „Digitalen Zeitalter“ sprechen lässt.

Zum Abstract und zur Aufzeichnung des Vortrags „Ein Digitales Zeitalter?“ an der HU-Berlin, Forschungskolloquium der Professur für Digital History

Bildrechte: Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV), 1963

Ausschnitt des Mosaiks von Fritz Eisel, „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ Wissenschaftler vor technischen Bedienelementen

Die Geschichte des Potsdamer Rechenzentrums: Sozialistische Computernutzung und die Digitalisierung in Ostdeutschland

Auf welcher Nutzungsidee basierte der Bau des einst „Datenverarbeitungszentrums“ genannten Baus? Welche technologischen und gesellschaftlichen Konzpete lagen diesem zu Grunde? Martin Schmitt wirft in seinem Beitrag einen technikhistorischen Blick auf den politisierten Ort: „Die Geschichte des Potsdamer Rechenzentrums: Sozialistische Computernutzung und die Digitalisierung in Ostdeutschland“ auf lernort-garnisonkirche.de/?p=456

 

Digitalgeschichte trifft Kunst

Wie kann ein Dialog von Digitalgeschichte und Kunst aussehen? In ihrem interdisziplinären Gespräch gingen der Potsdamer Künstler Rudi Fischer und Martin Schmitt von der TU-Darmstadt / ZZF Potsdam grundlegenden Themen des Digitalen Zeitalters aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Grund. Sie sprachen am historischen Ort des ehemaligen Datenverarbeitungszentrums Potsdam über die Diskurse der Digitalisierung, von der Ersetzung des Menschen, über die Überwachung und die Arbeit im Finanzmarktkapitalismus bis hin zu Filterblasen und Informationsströmen. Anlass des Gespräches war die aktuellen Ausstellung „Zeichen der Zeit“ im Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum, Potsdam. Im Gespräch entstanden neue Blickwinkel und überraschende Erkenntnisse, beispielsweise zur materiellen Standardisierung des Digitalen.

Text: Martin Schmitt
Video: Rudi Fischer, Container Art Care

Martin Schmitt mit den Kommissionsmitgliedern. Von links nach rechts: André Steiner, Dominik Geppert, Martin Schmitt, Martin Heßler, Frank Bösch

Martin Schmitt schließt erfolgreich seine Dissertation zur „Digitalisierung der Kreditwirtschaft“ ab

Martin Schmitt hat am 16. März 2020 erfolgreich seine Dissertation „Die Digitalisierung der Kreditwirtschaft. Computereinsatz in den Sparkassen der Bundesrepublik und DDR, 1957-1991“ an der Universität Potsdam mit magna cum laude verteidigt. Die Betreuer_innen der Arbeit, Prof. Dr. Frank Bösch (ZZF Potsdam) und Martina Heßler (TU Darmstadt) hoben in ihren Gutachten die Pionierarbeit hervor, die Schmitt für die Erforschung der Geschichte der Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft mit großer Akribie geleistet hat. Als Endnote bewerteten sie die Dissertation mit einem guten magna cum laude.

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Uranbergbaubetrieb Willi Agatz, Dresden / 1-Megabit-Chip-Übergabe an DDR-Staatschef Erich Honecker 1988 (Fuciker (Jürgen Obiegli) / Bundesarchiv Koblenz/Franke / Collage: Bens

Feature: „Neuland: Die Entwicklung des 1-Megabit-Chips in der DDR“

Die Entwicklung des 1-Megabit-Chips in der DDR in den Jahren 1986-88 war ein Prestigeprojekt der DDR sondergleichen. Honecker wollte damit die Leistungsfähigkeit des sozialistischen Staates in der Hochtechnologie unter Beweis stellen. Eine Feature-Serie des Deutschlandfunk Kultur verknüpft dessen Entwicklung mit der Zeitgeschichte der Spätphase der DDR. In 6 Folgen beleuchtet Dörte Fiedler mit szenischen O-Tönen und einer fesselnden Story das oft vergessene Jahr 1988 und die Hintergründe der Entwicklung der Mikroelektronik-Entwicklung in der DDR.

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Sammelband des Computerisierungsprojekts am ZZF erscheint zum Historikertag

Wau Holland hackt in einer Telefonzelle; Datenverarbeiter in der Sparkasse Ludwigsburg

Von deutschen Hackern bis zur Datenverarbeitung in Unternehmen reicht das Themenspektrum des neuen Sammelbandes. 

Die ausgearbeiteten Beiträge der Abschlusstagung des SAW Projekts „Aufbrüche in die digitale Gesellschaft. Computerisierung und soziale Ordnungen in der Bundesrepublik und DDR“, (30. und 31. März 2017, Potsdam), werden nun pünktlich zum nächsten Historikertag erscheinen. Die Beiträge befassen sich mit den Veränderungen durch die Etablierung der Computer, die seit den 1950er-Jahren zu massiven gesellschaftlichen Umwälzungen führten, jedoch in der Zeitgeschichtsforschung wenig beachtet wurden. Die Geschichte der Sicherheitspolitik, des Wohlfahrtsstaats und des Kreditwesens, der sich wandelnden Arbeitswelt, der Organisationstrukturen sowie die Geschichte der Subkulturen werden durch die Einbeziehung der Computertechnologie neu analysiert. Die technischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozesse verliefen dabei selten gradlinig, wie die Beiträge, die sich vornehmlich mit der Bundesrepublik befassen, verdeutlichen.

Frank Bösch (Hg.): Wege in die digitale Gesellschaft. Computernutzung in der Bundesrepublik 1955-1990.
Ca. 320 Seite und ca. 12 Abb., geb., Schutzumschlag
ISBN: 978-3-8353-3290-4

https://www.wallstein-verlag.de/9783835332904-wege-in-die-digitale-gesellschaft.html

Mit offenen Karten: Computerisierung auf ARTE

99% des Internetverkehrs werden heutzutage über Unterseekabel abgewickelt. Diese Kabel haben nicht nur eine lange Vorgeschichte, die bis in die Zeit des Kalten Krieges zurückreicht. Sie haben mit der Zeit auch eine strategische Bedeutung gewonnen. Auf ARTE lief in der Sendung „Mit offenen Karten“ am 14. April 2018 eine sehenswerte Doku über die Infrastruktur des Internet. Die Autoren empfehlen am Ende das Buch unseres Projektmitarbeiters Martin Schmitt, „Internet im Kalten Krieg“. In seinem Buch verweist er auf die in der Dokumentation dargestellten langen Linien bis in die Gegenwart. Wir freuen uns sehr über die freundliche Empfehlung. Auch Nicole Starosielskis Buch „The Undersea Network“ hätte die Empfehlung verdient, eine weitere Leseempfehlung für am Thema Interessierte. Die Sendung ist noch bis zum 14. Juni in der ARTE Mediathek abrufbar.

Arbeiter vor Computerbildschirm

Einladung: Computernutzung in der DDR – Das Potsdamer Rechenzentrum und die Digitalisierung in Ostdeutschland

22.02.2018, 18-20 Uhr  |  Kosmos, EG Rechenzentrum Potsdam  |  Dortustr. 46, Potsdam

Auch in der DDR gewann bereits seit Ende der 1950er Jahre die Nutzung von Computern rasant an Bedeutung. Vor allem Rechenzentren übernahmen dabei, wie auch in Potsdam, seit den 1960er Jahren die digitale Datenverarbeitung. Welche Aufgaben hatten die Großrechner hier? Welche Folgen hatte ihr Einsatz im Sozialismus? Und warum gelang es der DDR, mit die fortschrittlichste Computertechnologie im Sozialismus zu errichten, aber nicht, an die Computertechnik im Westen anzuschließen?

Experten für Computergeschichte vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) diskutieren diese Fragen mit Zeitzeugen, die im Potsdamer Rechenzentrum einst gearbeitet haben. Damit wird die Geschichte eines Gebäudes erkundet, dessen möglicher Abriss derzeit öffentlich heiß diskutiert wird.

Wir laden Sie herzlich ein, zu kommen und mitzudiskutieren. Im Foyer des Rechenzentrums werden zudem einige Exponate von Kleinrechnern aus den 1980er-Jahren gezeigt, die im Rechenzentrum zum Einsatz kamen.

Programm & Einladung: „Computernutzung in der DDR: Das Potsdamer Rechenzentrum und die Digitalisierung in Ostdeutschland“

Twitter: #rzpotsdam

Facebook: https://www.facebook.com/events/1820207508278763/

Text: Martin Schmitt, Frank Bösch

Titelbild: Adam Sevens

.computerisierung

Abschlusstagung: „Wege in die digitale Gesellschaft. Computer und Gesellschaftswandel seit den 1950er Jahren“, 30.-31. März 2017, Potsdam

Welche Verbindung gab es zwischen digitalem und sozialem Wandel in Deutschland zwischen 1950-1990? Diese Frage stand von Beginn an im Mittelpunkt unseres von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Forschungsprojektes. Nach zweieinhalb Jahren Projektlaufzeit ist nun der Moment gekommen, die Ergebnisse unserer Untersuchungen mit der breiten Fachöffentlichkeit zu diskutieren. Hierzu laden wir herzlich vom 30.-31. März 2017 an das ZZF Potsdam. Das vollständige Programm:

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Neu erschienen: Martin Schmitt – Internet im Kalten Krieg

Die Geschichte des Internet erfuhr in den vergangenen Jahren immer wieder prominent Aufmerksamkeit.  Vergangene Woche erschien nun erste Publikation unseres Projektmitarbeiters Martin Schmitt, „Internet im Kalten Krieg“. In dem Buch widmet sich Martin Schmitt der Frage, wie das ARPANET und später das Internet als kybernetische Systeme im Kalten Krieg entwickelt wurden. Das Buch erscheint bei Transcript, hat 250 Seiten und kostet 29,99 Euro.

Titelbild "Internet im Kalten Krieg"

An dieser Stelle berichteten wir bereits einige Male über die Geschichte des Internet. Letzte Woche war es dann soweit: Die Monographie „Internet im Kalten Krieg. Eine Vorgeschichte des globalen Kommunikationsnetzes“ erschien nach umfangreicher Vorarbeit im Transcript-Verlag. Ein Auszug aus dem Klappentext:

Das Internet ist das dominante Kommunikationsmedium des 21. Jahrhunderts. Nicht zuletzt die Ereignisse um die Enthüllungen von Edward Snowden haben gezeigt, dass es sich zu einem Netzwerk der Freiheit wie auch der Überwachung entwickelt hat.
Wo aber liegen seine Ursprünge? Martin Schmitt bietet eine dringend notwendige Neueinordnung der Geschichte des Internet, indem er dessen Entstehung in den USA von 1967-1975 historisiert. Er verdeutlicht, wie das Internet als kybernetisches System im Kalten Krieg zwischen Gegenkultur, Wissenschaft und Militär konzipiert wurde und dass es von Anfang an sowohl emanzipatorische wie auch überwachende Tendenzen bediente.

Zur Verlagsseite: Martin Schmitt – Internet im Kalten Krieg.